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Viva Las Vegas

Highlights von der CES 2020

Von der einstigen Leitmesse für Unterhaltungselektronik hat sich die CES zu einer übergreifenden Technologiemesse gewandelt. Mehr als 4.500 Aussteller präsentierten in der vergangenen Woche in der Wüste Nevadas den über 170.000 Besuchern aus 160 Ländern ihre neuesten technologischen Errungenschaften. Abgesehen von den klassischen Schwerpunkten wie Fernseher, Computer und anderen Gadgets zur Unterhaltung, standen dieses Jahr insbesondere Roboter, vernetzte Smart-Home-Geräte sowie autonom fahrende Autos im Vordergrund.

Am Trendthema Künstliche Intelligenz (KI) kam natürlich auch auf der CES niemand vorbei. Samsung sorgte schon vor Messebeginn für jede Menge Gesprächsstoff. Denn der südkoreanische Hersteller kündigte eine Art Kunstmensch mit Namen Neon an. Die Samsung-Tochter Star Labs arbeitet bereits seit Längerem an der Technik, um einen „künstlichen Menschen“ zu entwickeln. Die „Neons“, so nennen Star-Labs-Mitarbeiter die vom Computer geschaffenen Figuren, wirken derart lebensecht, dass sie von vielen Messebesuchern für Schauspieler gehalten wurden, die vor einer Kamera agieren. Tatsächlich wird jede Bewegung vom Computer berechnet. Dass die „Neons“ so realistisch wirken, liegt auch daran, dass sie durch KI gesteuert werden. Dies gilt auch für die Sprache bzw. Unterhaltungen der „Neons“ mit ihrem Gegenüber. Wo die „Kunstmenschen“ demnächst einziehen werden, ist bisher noch unklar. In der Branche kann man sich vorstellen, dass die digitalen Charaktere bald z.B. als Supportmitarbeiter, Fitnesstrainer oder Nachrichtensprecher eingesetzt werden. Gegen die Science-Fiction eines „Neon“ erscheint die Präsentation des neuen 8K-Fernseher von Samsung fast ein bisschen lahm. Dafür ist die neue TV-Technologie, dessen 43-Zoll Geräte auf Wunsch rotiert und mobil aufgenommene Fotos und Videos von TikTok, Instagram und Co. im Porträtmodus anzeigt, schon alltagstauglich. Dazu werden Displayinhalte des Smartphones drahtlos übertragen – auch über Apples Airplay-Technik (s. auch Seite 29).

Für eine Überraschung auf der Technikmesse sorgte Sony. Der Elektronikkonzern präsentierte sein eigenes Elektroauto. Den Japanern ging es dabei weniger um das Außendesign oder den Antrieb, sondern vielmehr um die Elektronik und die Software im Wageninneren. Der Prototyp namens Vision-S soll demonstrieren, welche Möglichkeiten in den technischen Entwicklungen aus dem Hause Sony stecken, betonte Konzernchef Kenichiro Yoshida bei der Präsentation in Las Vegas. Dazu gehören Software, Sensoren und Sicherheitstechnik ebenso wie ein komplettes Entertainmentsystem. Entwickelt wurde das Konzeptauto mit verschiedenen Partnern, darunter auch die deutschen Unternehmen Bosch, Continental und ZF. Auf der eigens entwickelten Elektro-Plattform können auch andere Fahrzeugtypen (z.B. SUV‘s) angetrieben werden. Damit hat Sony eine Vorreiterrolle inne. Bereits seit einiger Zeit wird damit gerechnet, dass die Elektrokonzerne auf dem Automobilmarkt angreifen werden. Eigentlich war Apple die Pole-Position zugetraut worden, und auch um Google ranken sich bereits entsprechende Gerüchte. Ein Prototyp macht zwar noch keine eigene Automarke, aber Sony hat mit Vision-S ein starkes Zeichen gesetzt. Dagegen wurden die Erwartungen der Community auf Features zur PlayStation 5 enttäuscht. Lediglich das neue Logo wurde enthüllt. Schließlich gehört das bisherige Modell PS4 zu den weltweit beliebtesten Spielekonsolen. Laut Sony wurden rund 106 Millionen Modelle verkauft, dazu kommen noch einmal 1,15 Milliarden Spiele auf etwa 103 Millionen monatlich aktive Spieler. An diesen Erfolg soll die neue Konsole anknüpfen. Pünktlich zur kommenden Weihnachtszeit will Sony die PS5 dann auf den Markt bringen. Neue Hardware zusammen mit einem neuen Controller sollen auch die anspruchsvollen Gamer überzeugen.

Im Kampf um die Vorherrschaft im vernetzten Zuhause bringt sich Google in Stellung. Die Alphabet-Tochter kündigte eine Vielzahl von neuen Partnerschaften im Bereich Sprachassistenten an. Google hatte bereits im vergangenen Jahr mitgeteilt, dass der Assistent inzwischen von mehr als einer halben Milliarde Menschen genutzt wird. In der Wüstenstadt kündigte der Konzern nun die Verfügbarkeit auf neuen Geräten von Acer, Belkin, Harman Kardon, JBL, Lenovo, Philips, Seiki und LG usw. an.

Amazon legte noch einen drauf und präsentiert sein „Echo Auto“. Die Sprachassistentin des Online-Versandhändlers „Alexa“ ist schon in vielen Wohnzimmern eingezogen –  nun folgt das Auto. Zu den Funktionen von „Echo Auto“ soll auch das Bezahlen der Tankrechnung durch Amazon Pay gehören. Hinzu kommt der Amazon Fire-Stick zum Entertainment sowie eine Verbindung des Assistenten mit den bestehenden Navigationssystemen des jeweiligen Pkws. Damit geht die Entwicklung immer stärker in Richtung autonomes Fahren.

Nach Jahren der Abstinenz war auch Apple wieder auf der CES vertreten. Doch wer einen ersten Blick auf das iPhone12 werfen wollte, wurde enttäuscht. Apple stellte keine neuen Produkte wie Apple Watch, iPad oder iPhone vor, sondern setzte auf das alles umspannende Thema Sicherheit, das der Konzern für sich entdeckt hat und immer mehr zum Markenkern wird. Apples Datenschutzchefin Jane Horvath unterstrich auf einer Podiumsdiskussion die Anstrengungen des Konzerns zum Schutz der Privatsphäre. Damit greift das Unternehmen eines der wichtigsten digitalen Themen der Zeit auf. Laut einer Studie würden inzwischen zwei von drei Nutzern bei einer Marke, die zu aufdringlich Daten abgreift, nicht mehr einkaufen.

Die Neuheiten auf der CES haben 2 Trends eindrücklich hervorgebracht: 1. Der Automobilmarkt wird demnächst nicht mehr nur von klassischen Autoproduzenten beherrscht. 2. Den Smartspeakern steht eine Marktdurchdringung ähnlich wie seinerzeit bei den Smartphones bevor. In beiden Bereichen gibt es interessante Aktieninvestments, an denen man verdienen kann. Der ES wird in den nächsten Ausgaben diese Themen noch einmal genauer analysieren.