In den vergangenen Monaten hatten es die Biotech- und Medizintechnik-Titel alles andere als leicht. Vor allem die Zoll-Unsicherheiten der Trump-Regierung drückten auf die Performance. Das spiegelt sich auch in den jüngsten Quartalszahlen wider. Dabei hängt auch der Rekord-Shutdown in den USA wie ein Damoklesschwert über den Unternehmen. Denn bislang verweigern die oppositionellen Demokraten eine Entscheidung. Sie fordern konkrete Zusagen für den Fortbestand von Subventionen im Gesundheitssektor. Angesichts der Trumpschen Sturheit zieht sich der Konflikt damit auch ins Schlussquartal.
Während der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers das vergangene Geschäftsjahr 2024/25 (per Ende September) noch mit Umsätzen von 23,38 (22,36) Mrd. € sowie einem Gewinn nach Steuern in Höhe von 2,17 (1,96) Mrd. € abschließen konnte, blickt das Management vorsichtig auf das kommende Geschäftsjahr. Die Dividende für 2024/25 soll um fünf Cent auf 1,00 € steigen. Vorstandschef Bernd Montag sprach von einem „soliden Fundament für unsere nächste Strategiephase“, die mit einem Kapitalmarkttag am 17. November eingeläutet werden soll.
Handelszölle und negative Währungseffekte dürften das Ergebnis belasten. So erwartet das Management um Konzernchef Bernd Montag für 2025/26 ein bereinigtes Ergebnis je Aktie von 2,20 bis 2,40 €. Im Vorjahr hatte Siemens Healthineers den entsprechenden Gewinn um 7 % auf 2,39 € gesteigert. Allein die Zölle dürften das Ergebnis mit 400 Mio. € negativ beeinflussen und damit doppelt so stark wie im Vorjahr.
Die vorsichtigen Aussichten kamen bei den Anlegern nicht gut an. Sie schickten Siemens Healhtineers in den Kurskeller. Die Reaktion war jedoch übertrieben. Langfristig dürfte der Wert bald wieder drehen; (A–).
Amgen hat im 3. Quartal von einer starken Nachfrage nach seinen Medikamenten profitiert. Der Umsatz stieg um rd. 12 % auf 9,56 Mrd. $. Zu den Top-Performern gehörten Uplinza (Autoimmunerkrankungen), Repatha (Cholesterin) und Tezspire (Asthma), während Prolia (Osteoporose), das umsatzstärkste Produkt, einen Anstieg von 9 % verzeichnete. Netto erzielte der Biotechkonzern einen Gewinn von 3,22 (2,83) Mrd. $. Für das Gesamtjahr erwartet Amgen nun einen Umsatz zwischen 35,8–36,6 Mrd. $. Zuvor hatte die Prognose bei 35,0 bis 36,0 Mrd. $ gelegen. Beim Gewinn je Aktie werden nun 13,76 bis 14,60 (zuvor: 10,97–12,11) $ erwartet.
Amgen dreht gerade wieder auf. Keine Stücke aus der Hand geben; (B+).
Qiagen plant, über einen synthetischen Aktienrückkauf bis zu 500 Mio. $ an seine Aktionäre zurückzuzahlen. Parallel zur Ankündigung des Rückkaufprogramms teilte der DAX-Konzern mit, dass Vorstandschef Thierry Bernard nach der Ernennung eines Nachfolgers zurücktreten wird. Im 3. Quartal erzielte der Labordienstleister und Diagnostikspezialist einen Umsatz von 533 Mio. $, ein Plus von 6 %. Unter dem Strich stand mit einem Gewinn von 130 Mio. $ sogar gut ein Drittel mehr in der Bilanz. Für das lfd. Jahr rechnet der Konzern weiterhin mit einem währungsbereinigten Umsatzanstieg von 4–5 %. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll nun auf 2,38 $ steigen, 0,03 $ mehr als bisher in Aussicht gestellt. Darüber hinaus kündigte Qiagen an, Parse Biosciences gegen eine Vorauszahlung von rund 225 Mio. $ in bar sowie weitere potenzielle Meilensteinzahlungen von bis zu 55 Mio. $ übernehmen zu wollen. Das 2018 gegründete Parse Biosciences ist ein „führender Anbieter skalierbarer, instrumentenfreier Lösungen für die Einzelzell-Forschung“.
Auch bei Qiagen setzt zunächst die Korrektur ein. Hier heißt jedoch die Devise: langfristig investiert bleiben! (B+).
Seine unverändert schwierigen Geschäfte mit Diabetesmitteln und Gewichtssenkern lassen Novo Nordisk noch vorsichtiger auf das Jahr blicken. Die Dänen senkten ein weiteres Mal ihre Umsatz- und Gewinnziele. Zudem kürzte das Management um den erst seit Anfang August amtierenden Chef Maziar Mike Doustdar die Investitionspläne für das Jahr. Mit Blick auf den Erlös peilt Doustdar nun zu konstanten Wechselkursen „nur“ ein Umsatzplus von 8–11 % an – zuvor war noch ein Plus von 14 % anvisiert worden. Nach 9 Monaten erzielte der Konzern indes ein Umsatzplus von 12 % auf gut 230 Mrd. DKK. Der operative Gewinn stieg um 5 % auf knapp 96 Mrd. DKK. Unter dem Strich ergab sich ein Konzerngewinn von gut 75,5 Mrd. DKK, ein Plus von 4 %. Dabei belasteten im Q3 allerdings milliardenschwere Abschreibungen für den geplanten Abbau von weltweit 9.000 Stellen das Ergebnis. Derweil haben die Dänen einen Deal mit der US-Regierung geschlossen. Demnach senkt Novo, wie der Konkurrent Eli Lilly, die Preise für seine Abnehm-Medikamente.
Novo Nordisk fallen gerade die hohen Markterwartungen auf die Füße. Dabei bietet das Portfolio nach wie vor Langfristpotenzial; (B+).
Pfizer hat im 3. Quartal einen kräftigen Umsatzrückgang wegstecken müssen. Dennoch lief es erlösseitig besser als befürchtet. Konzernchef Albert Bourla hob zudem wegen der lfd. Einsparungen sein Gewinnziel für das Jahr ein zweites Mal an. So soll das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis je Aktie jetzt bei 3,00 bis 3,15 $ herauskommen. Zuvor hatte das Management 2,90 bis 3,10 $ in Aussicht gestellt. In den 3 Monaten bis Ende September fiel der Umsatz um 6 % auf rd. 16,7 Mrd. $. Auch der Nettogewinn ging um 21 % auf rd. 3,5 Mrd. $ zurück.
Pfizer leidet nach dem guten Lauf in der Pandemie schon seit Längerem unter einer mauen Entwicklung. Auch Generika-Konkurrenz macht dem Unternehmen zu schaffen. Der Konzern steuert daher mit milliardenschweren Einsparungen gegen. Der Pharmakonzern gehört zudem zu jenen Unternehmen, die unter dem Druck der amerikanischen Regierung bereits niedrigere Medikamentenpreise im Rahmen des staatlichen Medicaid-Programms und hohe Investitionen in den USA zugesagt haben. Unterdessen hat der Konzern im Bieterstreit um die US-Firma Metsera nochmal nachgezogen und bietet nun wie Novo Nordisk gut 10 Mrd. $ für den Biotechkonzern.
Pfizer behält man angesichts der möglichen Pharma-Deals in den USA ganz genau im Blick; (A–).
Der Pharmawirkstoff-Entwickler Evotec kämpft weiterhin mit einer schwachen Nachfrage. Hinzu kommen Kosten im Zusammenhang mit dem Anlaufen einer Anlage der Biotech-Tochter JEB in Toulouse. In den ersten 9 Monaten ging der Umsatz daher um 7 % auf rd. 535 Mio. € zurück. Der bereinigte operative Verlust weitete sich von –6 Mio. auf –16 Mio. € aus. Unter dem Strich reduzierte sich der Verlust indes etwas auf –118 (–155) Mio. €. Zumindest für JEB hat Evotec nun eine finale Lösung gefunden: Die Tochter soll an den Schweizer Konkurrenten Sandoz verkauft werden. Für die JEB-Aktien und die Lizenzgebühren zur Produktionstechnologie zahlen die Schweizer laut den Angaben einen Barbetrag in Höhe von rund 350 Mio. $.
Evotec befindet sich langsam auf Erholungskurs. Die Neuaufstellung geht man erst einmal weiter mit; (B+).
U.a. höhere Betriebskosten belasteten das 3. Quartal des Pharmakonzerns AbbVie. Das Medikament Rinvoq (chronische Darmentzündungen) erwies sich unterdessen als Umsatztreiber. Insgesamt legten die Erlöse konzernweit auf 15,78 (14,46) Mrd. $ zu. Unter dem Strich fiel der Gewinn deutlich auf 186 Mio. $ ab. Im Vorjahr hatte hier noch ein Ergebnis von 1,56 Mrd. $ in der Bilanz gestanden. Der Absatz von AbbVies Immuntherapie Humira sank weltweit um 55 % auf 993 Mio. $, in den USA war der prozentuale Rückgang noch deutlicher. Das Medikament war früher der Verkaufsschlager von AbbVie, steht inzwischen aber im Wettbewerb mit preiswerteren Nachahmerprodukten. Der Rückgang wurde durch die Verkäufe der neueren Arthritis-Medikamente Skyrizi und Rinvoq ausgeglichen. Der Absatz von Skyrizi stieg weltweit um 47 % auf 4,71 Mrd. $, von Rinvoq um 35 % auf 2,18 Mrd. $.
Bei AbbVie setzt man auf den nachhaltigen Erfolg der „Nachfolgermedikamente“; (B+).
Dank einer starken Pipeline und der Einigung mit der Trump-Administration über die Arzneimittelpreise in den USA hat AstraZeneca ein starkes Quartal abgelegt. In den ersten 9 Monaten stand ein Umsatz von 43,24 (39,18)
Mrd. $ in der Bilanz. Operativ verbesserte sich das Ergebnis auf 10,77 (7,97) Mrd. $ und auch nach Steuern konnte der britisch-schwedische Konzern seinen Gewinn auf 7,90 (5,54) Mrd. $ verbessern.
„Die starke zugrunde liegende Dynamik in unserem gesamten Geschäft versetzt uns in die Lage, das Wachstum bis 2026 aufrechtzuerhalten und bringt uns auf Kurs, unsere Ziele bis 2030 zu erreichen“, so Konzernchef Pascal Soriot. Der Manager hat AstraZeneca in den vergangenen Jahren zunehmend auf Krebsarzneien ausgerichtet. Außerdem wächst das Portfolio mit Medikamenten gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen. Bis 2030 will Soriot dadurch den Umsatz bis auf 80 Mrd. $ hochtreiben. In diesem Jahr soll der Erlös um einen hohen einstelligen Prozentsatz anziehen – nachdem AstraZeneca 2024 noch gut 54 Mrd. $ erlöst hatte.
Bei AstraZeneca scheint der Strategiewandel Früchte zu tragen. Der Wert bleibt im Medizin-Depot eingebucht; (B+).
Moderna hat wegen schwächer als erwarteter Verkäufe seines Corona-Impfstoffs in den USA die Umsatzprognose für dieses Jahr gekappt. Der Konzern rechnet für 2025 nun mit Erlösen zwischen 1,6 und 2,0 Mrd. $. Zuvor lag die Spanne bei 1,5 bis 2,2 Mrd. $. Als Grund nannte das Unternehmen Schwierigkeiten für US-Bürger beim Zugang zu den Impfungen. Der späte Zeitpunkt der Empfehlung der US-Gesundheitsbehörde CDC habe zu den sinkenden Verkaufszahlen beigetragen, so Finanzchef James Mock. Im 3. Quartal fiel der Umsatz zwar um 45 % auf 1 Mrd. $ ab, allerdings waren die Markterwartungen noch niedriger angesetzt. Nach Steuern rutschte der Konzern mit –200 Mio. € sogar in die roten Zahlen, nach einem Gewinn von 13 Mio. € im Vorjahr. Moderna setzt auf neue Impfstoffe, um die sinkenden COVID-Erlöse auszugleichen. Der Konzern erzielte jedoch für sein neues RSV-Mittel mRESVIA zuletzt nur einen Umsatz von gut 2 Mio. $. Zudem musste das Unternehmen im vergangenen Monat die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Zytomegalievirus wegen enttäuschender Studienergebnisse einstellen.
Moderna kommt nach wie vor nicht richtig in Gang. Hier bleibt man erst einmal an der Seitenlinie; (B).
Die Herausforderungen in der Lieferkette machten sich bei Stratec auch im 3. Quartal bemerkbar. Nachdem der Labordienstleister bereits seine Prognose für das lfd Jahr angepasst hat (vgl. ES 45/25), präsentiert er nun die Zahlen für die ersten 9 Monate. Während die Umsätze mit 175,59 (172,96) Mio. € noch leicht verbessert werden konnten, ging das Ebit auf 8,84 (10,33) Mio. € zurück. Nach Steuern fiel der Gewinn mit 4,10 (4,77) Mio. € ebenfalls geringer aus. Unterdessen setzte sich die Stabilisierung der Nachfrage bei Gerätelinien, bei denen es im Nachgang der COVID-19-Pandemie zu Verwerfungen gekommen war, weiter fort.
Die Lieferverzögerungen lasteten zuletzt stark auf dem Stratec-Kurs. Spekulative Anleger behalten den Wert langfristig jedoch weiter im Auge und schlagen bei ersten Rebound-Tendenzen zu; (A–).