Der Anbieter umweltfreundlicher, flammenhemmender Füllstoffe und Spezialoxide ist eigentlich in einem Wachstumsmarkt tätig. Das derzeit angespannte Marktumfeld macht jedoch auch dem Spezialchemieunternehmen zu schaffen, an den Investitionszielen hält das Management jedoch weiterhin fest. Im Vorstandsinterview spricht CEO Herr Heckmann über Wachstumspotenziale und Zukunftsprojekte.
ES: Wo finden Ihre Produkte Anwendung/Aus welcher Branche kommen Ihre Kunden?
Herr Heckmann: Unsere Produkte haben ein sehr breit gefächertes Anwendungsspektrum. Im Produktsegment „Funktionale Füllstoffe“ ist der wichtigste Anwendungsbereich die Kabelindustrie. Das betrifft vor allem Datenkabel, Kabel für erneuerbare Energien sowie teilweise Auto- und Kraftwerkskabel im Bereich Mittel- und Hochspannung. Weitere Anwendungen finden wir in elektronischen Bauteilen (Schalter und Gehäuse), Dämmstoffen und Fassaden. An strategischer Bedeutung gewinnt der E-Mobilitätsmarkt. Neben unseren Böhmiten zur Beschichtung von Separatoren in Lithium-Ionen-Akkus kommen hier auch unsere viskositätsoptimierten Hydroxide in Klebstoffen und Gap Fillern als sogenanntes Thermal Interface Material (TIM) zum Einsatz.
Der zweite „Baustein“, das Produktsegment „Spezialoxide“, umfasst vor allem Anwendungen in der Feuerfestindustrie und der technischen Keramik. Im Bereich der Feuerfestindustrie handelt es sich um Auskleidungsmaterial für die Stahl- und Gießereiindustrie (Hochöfen, Stahlwannen usw.) und in der technischen Keramik um Anwendungen aus der Industrie, wie z. B. Dichtungen, Verschleißschutz, Keramikfilter, Poliermittel und Mahlkörper. Auch in der Elektronik- und Automobilindustrie finden sich unsere Oxide wieder, so z. B. in Zündkerzen, Katalysatoren und Hochspannungsisolatoren. Ein kleiner Anteil geht in die Wehrtechnik als ballistische Keramik zur Auskleidung der Führerstände in Schiffen und Transportfahrzeugen. Unsere weltweiten Industriekunden sind in den genannten Branchen bzw. Anwendungsbereichen aktiv.
ES: Welches Geschäftssegment hat für Sie das größte Wachstumspotenzial?
Herr Heckmann: Die größten Wachstumspotenziale sehen wir in der Kabelindustrie und in der E-Mobilität. Erstere verzeichnet u.a. durch den weltweiten Bau von Datenzentren, getrieben durch die KI, weiteres Wachstumspotenzial. Die E-Mobilität bleibt trotz derzeitiger leichter Marktschwäche ein starker Wachstumstreiber für die Zukunft.
ES: Auch Nabaltec hat auf Halbjahressicht die allgemeine Marktschwäche zu spüren bekommen. Wie begegnen Sie dieser?
Herr Heckmann: Teilweise begegnen wir dieser mit einer flexiblen Preisstrategie und einem konsequenten Kostenmanagement.
ES: Nabaltec hat im Juli zwar die Prognose angepasst, die Investitionsplanung in „Zukunftsprojekte“ aber bestätigt. Wie sehen diese aus?
Herr Heckmann: Im Bereich der Böhmite haben wir mit einem Investment von rund 20 Mio. € die Kapazitäten von 10.000 Jahrestonnen auf 20.000 t verdoppelt. Die Anlage wird im 4. Quartal 2025 in Betrieb gehen und dient vor allem für Anwendungen zur Beschichtung von Separatorfolien in Lithium-Ionen-Batterien.
Die zweite große Investition umfasst die viskositätsoptimierten Aluminiumhydroxide mit einer Jahreskapazität von 30.000 t und einem Investment von ca. 30 Mio. €. Die Anlage wird voraussichtlich in Q2/26 in Betrieb gehen. Ein weiteres Projekt umfasst die Sanierung unserer Kalzinationsaggregate im Bereich der Spezialoxide mit einem Investitionsprogramm von knapp 10
Mio. €. Dieses wird bis Ende 2025 abgeschlossen sein.
ES: Inwiefern ist Ihr Unternehmen von den US-Zöllen betroffen?
Herr Heckmann: Lieferungen von Aluminiumhydroxid aus der EU in die USA sind ganz aktuell aus der Liste der befreiten Waren gestrichen worden und werden nun mit 15 % Zoll beaufschlagt. Aluminiumoxid bleibt von US-Zöllen befreit. Rohstoffe aus Brasilien für die USA werden mit Zöllen beaufschlagt. Dies trifft aber ausschließlich die Produktion in den USA und auch alle unsere Wettbewerber in den USA.
ES: Wie wichtig sind für Ihr Geschäft Übernahmen?
Herr Heckmann: Derzeit liegt der Fokus auf organischem Wachstum, wobei wir den Markt genau beobachten, ob es hier komplementäre Märkte und Anwendungen gibt.
ES: Wie sehen Ihre Mittelfristziele aus?
Herr Heckmann: Die Nabaltec AG hat durch ihre oben beschriebenen Kapazitätserweiterungen und über freie Kapazitäten im Bereich der Feinsthydroxide für den Kabelmarkt ein Umsatzpotenzial, das unseren Konzernumsatz auf über 300 Mio. € anwachsen lassen kann. Diese Kapazitäten gilt es in den kommenden Jahren zu füllen.
ES: Wie sieht Ihre Dividendenpolitik aus?
Herr Heckmann: Wir zahlen kontinuierlich eine Dividende, befinden uns aber auf Wachstumskurs durch Expansionsinvestition, deshalb gilt: Gewinnthesaurierung vor Ausschüttung!
ES: Sehr geehrter Herr Heckmann, vielen Dank für das Interview.