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US-Berichtssaison auf dem Peak

Die US-Berichtssaison erreicht ihren Höhepunkt und eine Vielzahl von Unternehmen hat Ergebnisse vorgelegt. Während gerade die Pharma- und Biotechunternehmen unter den Zöllen und Zollandrohungen der Trump-Regierung litten, gab es auch die eine oder andere Überraschung. Der ES hat die jüngsten Meldungen einmal im Ticker-Format zusammengefasst. 

Der wachsende Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bei Online-Werbung verhalf Reddit zu einem Umsatzsprung. Die Erlöse sind im 2. Quartal um fast 80 % auf 500 Mio. $ gestiegen. Der operative Gewinn hat sich auf 167 Mio. $ sogar vervierfacht. Nach Steuern schaffte es der Konzern mit einem Gewinn von 89 Mio. $ in die schwarzen Zahlen, nachdem im Vorjahr hier noch ein Verlust von –10 Mio. $ angefallen war. Das Unternehmen bietet Werbetreibenden verschiedene KI-basierte Systeme an, die unter anderem Anzeigen zwischen den Diskussionsbeiträgen der verschiedenen Foren (Subreddits) platzieren. Außerdem erhalten Unternehmen in Echtzeit ein Stimmungsbild der Nutzer, um ihre Kampagnen darauf auszurichten. Für das lfd. Vierteljahr legte Reddit eine überraschend optimistische Prognose vor. Die Firma rechnet mit einem Umsatz von 535 bis 545 (281,2) Mio. $ und einem Betriebsergebnis zwischen 185 und 195 (39,5) Mio. $.

Reddit hat sich nach der Kurskorrektur von April wieder erholt. Der Restbestand dreht entsprechend weiter seine Runden im Depot; (B+).

Der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble erwartet hohe Kosten durch die US-Zollpolitik. So dürften sich die Belastungen im gerade angelaufenen Geschäftsjahr 2025/26 (per Ende Juni) auf etwa 800 Mio. $ nach Steuern belaufen. Gegenwind gebe es zudem durch höhere Rohstoffpreise sowie Zinskosten. Für 2025/26 wird mit einem stagnierenden bis 4 % höheren bereinigten Ergebnis je Aktie von 6,83 bis 7,09 $ gerechnet. Im vergangenen Geschäftsjahr trat der Umsatz mit gut 84 Mrd. $ auf der Stelle. Unter dem Strich standen mit einem Gewinn von gut 16 Mrd. $ indes knapp 7 % mehr in der Bilanz. Der zuletzt wachstumsschwache Konzern legte im Juni ein Restrukturierungsprogramm auf, um die Kosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Bei P&G lasten die Zoll-Ängste derzeit massiv auf der Kursperformance. Hier bleibt man auf Abstand; (B). 

Der größte US-Krankenversicherer UnitedHealth traut sich trotz neuerlicher Ermittlungen der US-Justiz und einem Chefwechsel wieder eine Jahresprognose zu. Demnach wird nun ein bereinigter Gewinn je Aktie von mindestens 16 (27,66) $ erwartet. Bereits im April hatte der Konzern seine Prognose für den bereinigten Gewinn je Aktie von 29,50 bis 30 $ auf 26,00 bis 26,50 $ gekappt und im Mai ganz ausgesetzt. Als Grund galten unerwartet hohe Kosten für medizinische Behandlungen. Im Mai hatte der bisherige Konzernchef Andrew Witty überraschend seinen Rücktritt eingereicht. Seither führt der frühere UnitedHealth-Chef Stephen Hemsley wieder die Geschäfte. In den ersten 6 Monaten erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 221,19 (198,65) Mrd. $. Nach Steuern verbesserte sich der Gewinn auf 9,69 (2,81) Mrd. $. Allerdings steht der Konzern derzeit erneut im Visier der US-Justiz. Bei den Ermittlungen geht es demnach um Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit der öffentlichen US-Krankenversicherung Medicare und straf- und zivilrechtliche Anfragen.

UnitedHealth hat derzeit nicht nur mit Ermittlungen zu kämpfen, sondern auch mit dem neuen Haushaltsplan der US-Regierung (vgl. ES 31/25). Entsprechend geht man auf Abstand; (B–). 

Wegen stark gestiegener Finanzierungskosten und höherer Steuern rutschte Spotify unter dem Strich in die roten Zahlen. Der Umsatz legte in den 3 Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 10 % auf knapp 4,2 Mrd. € zu. Da die Finanzierungskosten ebenfalls stark zulegten und der Konzern mehr Steuern zahlen musste, fiel aber ein Verlust von –86 Mio. € an. Vor einem Jahr hatten die Schweden noch einen Gewinn von 274 Mio. € eingefahren. Die durchschnittliche Zahl der monatlichen Nutzer der Musikstreaming-Plattform dürfte im 3. Quartal bei 710 Mio. liegen. Gleichzeitig rechnet Spotify mit einem überraschend deutlichen Anstieg der Premium-Verträge um knapp 2 % auf 281 Mio. User.

Bei Spotify werden erste Gewinne eingespielt; (B+).

Der Logistikkonzern UPS gibt weiter keine Prognose für das lfd. Jahr aus. Das Unternehmen begründete dies bei der Vorlage der Zahlen für das
2. Quartal weiterhin mit anhaltenden makroökonomischen Unsicherheiten. Der Konzern hatte Ende April den Ausblick im Zusammenhang mit der US-Zollpolitik zurückgezogen. Im 2. Quartal verzeichnete UPS eine durchwachsene Entwicklung. So sank der Umsatz von 21,8 auf 21,2 Mrd. $. Während das Heimatgeschäft rückläufig war, konnte UPS international zulegen. Unter dem Strich verdiente UPS mit knapp 1,3
Mrd. $ ebenfalls etwas weniger als im Vorjahr, als 1,4 Mrd. $ zu Buche gestanden hatten.

UPS schafft es nach wie vor nicht aus dem Kurskeller; (B–). 

Ebay hat im 2. Quartal den Umsatz um 6 % auf 2,7 Mrd. $ steigern können. Besonders gut entwickelten sich die sogenannten Fokuskategorien. Dazu zählen etwa Sammlerstücke, Fahrzeugteile und Zubehör. Der Bruttowarenwert (GMV) in diesen Sparten legte im Vergleich zum Vorjahr um 10 % zu. Der Nettogewinn stieg auf 368 (224) Mio. $. Für das lfd. 3. Quartal stellt Ebay einen Umsatz von 2,69 bis 2,74 Mrd. $ in Aussicht.

Ebay ist derzeit nicht zu stoppen. Halten! (B+). 

Merck & Co. plant nach einem Umsatz- und Gewinnrückgang im 2. Quartal eine Umstrukturierung seines Geschäfts. Dazu will der Hersteller auch Jobs in der Verwaltung, dem Vertrieb und in der Forschung streichen. Bis Ende 2027 sollen so jährlich rund 3 Mrd. $ gespart werden, die in Wachstumsfelder und die Entwicklung neuer Medikamente investiert würden. Mit dem Schritt dürfte Konzernchef Robert Davis auf ein Potpourri an Problemen reagieren, dem sich der Arzneimittelhersteller gegenüber sieht, u.a. die US-Zölle und Probleme mit seiner Impfung Gardasil. Nach der Senkung seiner Gewinnziele im April schätzt das Management aber seine Aussichten für das Jahr wieder etwas optimistischer ein. So soll der um Sondereffekte bereinigte Gewinn je Aktie nun bei 8,87 bis 8,97 $ herauskommen. Zuletzt hatte Merck am unteren Rand der Bandbreite noch 8,82 $ in Aussicht gestellt. Der Umsatz ging im 2. Quartal um 2 % auf 15,8 Mrd. $ zurück. Nach Steuern fiel das Ergebnis mit 5,4 (5,8) Mrd. $ ebenfalls geringer aus. Neben dem zunehmenden Kostendruck durch den bevorstehenden Verlust der Exklusivität beim Kassenschlager Keytruda rechnet Merck weiterhin mit Belastungen durch die höheren US-Zölle.

Merck & Co. bekommt aktuell die volle Zoll-Breitseite zu spüren. Hinzu kommen noch die Produktumstellungen. Hier braucht es aktuell einen langen Atem; (B).

Die wachsende Akzeptanz der Direktüberweisungsapp Venmo stimmt PayPal optimistischer. Der Zahlungsabwickler rechnet vor diesem Hintergrund nun für 2025 mit einem Gewinn zwischen 5,15 und 5,30 $ statt 4,95 bis 5,10 $ je Aktie. Im abgelaufenen Quartal verhalf die ungebrochene Kauflaune der Verbraucher zu einem Umsatzplus von 5 % auf 8,3 Mrd. $. Der Gewinn nach Steuern stieg auf 1,26 (1,13)
Mrd. $ an. Der Konzern konzentriert sich seit einiger Zeit auf margenstarke Geschäftsbereiche wie Venmo. Diese Sparte verbuchte im Berichtszeitraum ein Umsatzplus von 20 %.

Bei PayPal wurden anscheinend die zuletzt aufgelaufenen Gewinne zunächst abgefangen. Hier bietet sich angesichts der guten Entwicklung jedoch durchaus eine Kaufgelegenheit; (A–). 

Für den krisengebeutelten Flugzeughersteller Boeing geht es dank mehr ausgelieferter Jets wieder ein Stück aufwärts. Im 2. Quartal erzielte der Konzern einen Umsatz von knapp 22,8 Mrd. $ und damit 35 % mehr als ein Jahr zuvor. Der Verlust schrumpfte von –1,4 Mrd. $ auf –612 Mio. $. Anfang 2024 hatte Boeing die Produktion seines meistgefragten Flugzeugtyps 737 MAX stark drosseln müssen. Der danach angetretene Boeing-Chef Kelly Ortberg hat die Produktion inzwischen aber wieder hochgeschraubt hat.

Bei Boeing geht es zunächst weiter aufwärts. Allerdings ist und bleibt die Aktie eine hochspekulative Wette; (B). 

Der Milka-Hersteller Mondelez ist zwischen April und Juni dank einer robusten Nachfrage in Europa weiter gewachsen. Im 2. Quartal kletterte der Umsatz auf 8,98 (8,34) Mrd. $ an. Unter dem Strich fiel ein Gewinn von 641 (601) Mio. $ an. In Europa, einem der wichtigsten Märkte für Mondelez, stieg der Umsatz um 18,7 %, getrieben durch höhere Preise. In Nordamerika sah die Lage dagegen anders aus. Dort ging das Absatzvolumen um 2,4 % zurück. Als Grund nannte der Konzern die wirtschaftliche Unsicherheit in den USA durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Diese drücke auf die Konsumausgaben und lasse preisbewusste Käufer zu günstigeren Eigenmarken greifen.

Die Schwäche auf dem Heimatmarkt nimmt Mondelez derzeit voll in Beschlag. Dabei bietet sich hier durchaus noch Aufholpotenzial; (A–).

Starbucks hat im 3. Quartal 2024/25 (per Ende September) ein gemischtes Bild abgegeben. Der Nettoumsatz stieg um 4 % auf 9,46 Mrd. $. Nach Steuern ging der Gewinn indes auf 558,3 Mio. $ zurück, nach 1,05 Mrd. $ im Vergleichszeitraum. Starbucks litt in letzter Zeit unter geringerer Kundenfrequenz und Problemen mit der Preisgestaltung. Unter CEO Brian Niccol bemüht man  sich mit dem „Back to Starbucks“-Plan um eine Trendwende. „Während die Finanzergebnisse noch nicht alle Fortschritte spiegeln, die wir gemacht haben, sind die Zeichen klar – wir gewinnen an Schwung“, so Niccol.

Starbucks hat noch einen langen Weg zu alter Stärke vor sich. Abwarten! (B). 

Qualcomm profitierte in seinem 3. Quartal von einem starken Wachstum in den Bereichen Automobile und Internet der Dinge. Der Umsatz stieg um 10 % auf 10,4 Mrd. $. Nach Steuern legte der Gewinn auf 2,67 (2,13) Mrd. $ zu. Für das lfd. 4. Quartal stellt der US-Konzrn einen Umsatz von 10,3 bis 11,1 Mrd. $ in Aussicht.

Qualcomm behält man unter Beobachtung; (B+). 

Die ungebrochene Kauflust der Verbraucher hat Mastercard im abgelaufenen Quartal bis Ende Juni Rückenwind gegeben. Der Umsatz legte um
17 % auf 8,1 Mrd. $ zu. Der Nettogewinn stieg derweil um 12 % auf 3,7 Mrd. $. Das Zahlungsvolumen – ein Indikator für die Gesamtausgaben von Verbrauchern und Unternehmen – stieg um 9 %.

Mastercard gibt man keinesfalls aus der Hand; (B+). 

Dank seiner neueren Arthritis-Medikamente Skyrizi und Rinvoq konnte AbbVie seinen Umsatz im 2. Quartal deutlich steigern. Der Erlös kletterte auf 15,4 (14,5) Mrd. $. Der Umsatz von Skyrizi stieg um 62 % auf 4,4 Mrd. $, der von Rinvoq um 42 % auf 2 Mrd. $. Der Nettogewinn sank trotzdem auf 938 Mio. $ von 1,37 Mrd. $ im Vorjahr. Mit Blick auf das lfd. Jahr wird der Pharmakonzern aber optimistischer: Der bereinigte Gewinn je Aktie soll sich zwischen 11,88 und 12,08 $ einfinden. Zuvor stellte AbbVie lediglich 11,67 bis 11,87 $ in Aussicht.

AbbVie scheint die weggebrochenen Humira-Einnahmen gut ausgleichen zu können; (B+).

Der Pharmakonzern Bristol Myers Squibb hat im 2. Quartal dank seiner Verkaufsschlager unerwartet gut abgeschnitten. Insgesamt stieg der Umsatz von April bis Juni um 1 % auf 12,3 Mrd. $. Der Blutverdünner Eliquis legte um 8 % auf 3,7 Mrd. $ zu. Das Krebsmittel Opdivo wuchs um 7 % auf 2,6 Mrd. $. Der Nettogewinn brach zwar auf 2,9 Mrd. von 4,2 Mrd. $ vor Jahresfrist ein, lag damit jedoch noch über den Markterwartungen. Für das Gesamtjahr stellt BMS nun einen Umsatz zwischen 46,5 und 47,5 Mrd. $ in Aussicht, nachdem bislang 45,8 bis 46,8 Mrd. $ erwartet worden waren. Der Gewinn je Aktie soll nun zwischen 6,35 und 6,65 (bislang: 6,70 bis 7,00) $ liegen. Darin ist allerdings eine Belastung aus einer Entwicklungspartnerschaft mit dem deutschen Biotechunternehmen BioNTech enthalten.

Die durchaus guten Zahlen sind bisher noch nicht am Markt angekommen. Die Aktie sollte man jedoch nicht aus den Augen verlieren! (B+). 

Die stark gesunkene Nachfrage nach COVID-19-Impfstoffen zwingt den US-Biotechkonzern Moderna zu einem harten Sparkurs. Das Unternehmen kündigte an, rund 10 % seiner Stellen zu streichen. „Bis zum Ende des Jahres werden wir voraussichtlich weniger als 5.000 Mitarbeiter beschäftigen“, schrieb Konzernchef Stephane Bancel. Moderna hatte bereits zu Jahresbeginn angekündigt, die Betriebskosten bis 2027 um bis zu 1,7 Mrd. $ senken zu wollen. Der Konzern habe bereits „erhebliche Fortschritte“ erzielt, indem die Forschung und Entwicklung nach Abschluss von Studien zu Atemwegserkrankungen zurückgefahren, Lieferantenverträge neu verhandelt und die Herstellungskosten gesenkt worden seien. Bancel bekräftigte zudem das Ziel des Unternehmens, in den kommenden drei Jahren acht weitere Produktzulassungen zu erhalten.

Der Sparkurs von Moderna war nur eine logische Konsequenz aus der seit Jahren angespannten Lage. Der Weg aus dem Kurskeller ist jedoch noch sehr lang. Daher bleibt der Verkaufshinweis hier nach wie vor bestehen; (B–).