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Neues aus der Energiebranche

Das Geschäftsjahr 2022 hat bei den europäischen Energiewerten ein gemischtes Bild hinterlassen. Insgesamt schlägt sich die Branche aber besser als erwartet, und die Konzerne übertreffen teilweise ihre eigenen Erwartungen.

  • Ersten Berechnungen zufolge schoben besser als erwartete Entwicklungen aus dem Nicht-Kerngeschäft (hierzu zählen u.a. die Atomkraft und das Erzeugungsgeschäft in der Türkei) das Geschäft von E.on im vergangenen Jahr an. Das bereinigte Ebitda lag demnach bei 8,0 (7,9) Mrd. €. Im November hatten die Essener für diese Kennziffer noch einen Rückgang auf 7,6 bis 7,8 Mrd. € in Aussicht gestellt. Alle Segmente würden das obere Ende der in Aussicht gestellten Ziele erreichen, hieß es von Konzernseite. Der bereinigte Nettogewinn übertraf mit 2,7 (2,5) Mrd. € ebenfalls die anvisierte Spanne von 2,3 bis 2,5 Mrd. €.

Vor allem das verschobene Abschalten des Atomkraftwerks Isar 2 in Bayern auf Mitte April bflügelte die Ergebnisse. Das ursprünglich geplante Aus des AKW Ende 2022 wurde aus Gründen der Versorgungssicherheit verschoben. Den kompletten Bericht zum abgelaufenen Geschäftjahr 2022 will E.on am 15. März vorstellen.

E.on kann mit den ersten Ergebnissen, sowie einer Dividendenrendite von 5,3 % überzeugen. Hier steigt man zu; (A–).

  • Hohe Kosten sowie gestörte Lieferketten haben dem dänischen Windkraftanlagen-Hersteller Vestas im vergangenen Jahr die Bilanz verhagelt. Die Erlöse verloren auf 14,5 (15,6) Mrd. €, und das Ebit rutschte mit –1,6 Mrd. € sogar in die roten Zahlen. Im Vorjahr erwirtschaftete der Konzern hier noch ein Plus von 289 Mio. €. Umsatzseitig blieb das Unternehmen damit nicht nur hinter dem Vorjahreswert zurück, sondern fiel damit auch schlechter aus als im 1. Coronajahr 2020. Auch unterm Strich sackten die Dänen mit –1,6 Mrd. € in die Verlustzone, nach einem Gewinn in Höhe von 143 Mio. € im Vorjahr.

U.a. aufgrund des anhaltenden Kostendrucks blickt der Vorstand auch vorsichtig auf das angelaufene Geschäftsjahr. Für 2023 wird ein Umsatz von 14,0 bis 15,5 Mrd. € in Aussicht gestellt. Die Ebit-Marge vor Sondereinflüssen soll sich zwischen –2 und +3 (–8) % einfinden.   

Die Unsicherheiten bei Vestas wollen nicht abreißen. Daher bleibt man hier weiterhin auf Abstand; (B–).

  • Während die höheren Preise für Biodiesel und Bioethanol dem Umsatz von Verbio zwischen Juli und Dezember Rückenwind gaben, drückten gestiegene Rohstoff- und Energiekosten auf das Ergebnis. Der Biokraftstoffproduzent steigerte in der 1. Jahreshälfte des Geschäftsjahres 2022/23 (per Ende Juni) die Erlöse um 3 % auf 1,08 Mrd. €. Das Ebitda blieb hingegen mit 170,3 (187,2) Mio. € leicht hinter dem Vorjahr zurück. Auch das Periodenergebnis sank auf 102,1 Mio. €, nach 120,3 Mio. € im Vorjahr. Angesichts der anhaltend hohen Kosten hat der Vorstand die im September ausgegebene Prognose mit einem Ebitda von 300,0 (503,3) Mio. € bekräftigt. Im weiteren Jahresverlauf soll in die Kapazitätserweiterung investiert werden.

Trotz der eher konservativen Prognose überzeugt Verbio mit einer soliden EK-Quote von 74 % und ist immer sehr preiswert; (A–).

  • Positive Ergebnisse aus den Segmenten Services und Projektentwicklung sowie der Stromerzeugung sorgten für gute Ergebnisse beim Windenergie- und Photovoltaikkonzern PNE im Geschäftsjahr 2022. Vorläufigen Berechnungen zufolge kletterte das Ebitda auf 34 bis 36 Mio. €, nach 32,7 Mio. € im Vorjahr. Zuletzt avisierte der Vorstand 20 bis 30 Mio. €. Endgültige Zahlen werden am 29. März veröffentlicht.

Nachdem die Übernahmefantasie bei PNE zunächst verpufft ist, überrascht das Unternehmen positiv mit den ersten Zahlen für 2022; (B+). 

  • Der italienische Versorger Enel hat Dank gestiegener Strompreise in 2022 mehr verdient. Die Erlöse zogen um 63,9 % auf 140,5 Mrd. € an. Das bereinigte Ebitda verbesserte sich um 2,6 % auf 19,7 Mrd. € und lag damit sogar noch über der anvisierten Spanne von 19,0 bis 19,6 Mrd. €. Die Nettofinanzschulden fielen indes mit –60,1 (–51,7) Mrd. € ebenfalls höher aus.

Zwar arbeitet Enel bereits am Schuldenabbau – es gibt derzeit aber spannendere Titel in der Branche; (B). 

  • SFC Energy hat erste Ergebnisse für 2022 vorgelegt und ein Rekordjahr eingefahren. Sowohl das Segment Clean Energy als auch das Clean Power Management verbuchten ein zweistelliges Umsatzplus. Die Erlöse fuhren insgesamt um 32,5 % auf 85,23 Mio. € vor. Das bereinigte Ebitda zog auf 8,15 Mio. € an, nach 6,23 Mio. € im Vorjahr. Auch für 2023 ist der Brennstoffzellenanbieter gut aufgestellt und startet mit einem Auftragsbestand von 74,18 (30,55) Mio. € in das laufende Jahr. Für 2023 rechnet das Management mit einem Umsatzwachstum auf 103 bis 111 Mio. € sowie einem bereinigten Ebitda von 8,9 bis 14,1 Mio. €. Die testierten Zahlen werden am 30. März vorgestellt.

Das Geschäft von SFC Energy brummt. Hier steigt man noch zu; (A–).

  • Der Energietechnik-Konzern Siemens Energy ist bei der Übernahme der kriselnden Tochter Siemens Gamesa am Ziel. Nach Ablauf der letzten Annahmefrist für die gut 4 Mrd. € schwere Übernahme hält das DAX-Unternehmen 97,8 % der Anteile. Die spanische Tochter ist mittlerweile von der Börse genommen worden und soll nun vollständig integriert werden. Aufgrund der Probleme der Spanier musste Siemens Energy bereits im Januar die Jahresziele anpassen (vgl. ES 4/23).

Im Auftaktquartal 2022/23 steigerte der Windanlagenhersteller Gamesa zwar den Umsatz auf 2,01 (1,83) Mrd. €, beim Ebit wurde indes der Verlust auf –878 (–377) Mio. € ausgeweitet. Der auf die Aktionäre entfallende Verlust rutschte mit –884 (–403) Mio. € tiefer in die roten Zahlen.

Siemens Energy wird bei Siemens Gamesa durchgreifen und sie wieder auf Vordermann bringen. Das Geschäftsmodell ist absolut zukunftsträchtig; (A–).

  • Der Öl- und Energiekonzern TotalEnergies hat im vergangenen Jahr deutlich mehr verdient. Das bereinigte Ebitda sprang um 69 % auf 20,5 Mrd. $ an. Unterm Strich stieg das Ergebnis um 28 % auf 20,5 Mrd. $. Bereinigt um Sondereffekte verdoppelte sich der Gewinn sogar auf 36,2 Mrd. $ und erzielte damit eine neue Bestmarke. Im Schlussquartal belasteten jedoch abermals milliardenschwere Abschreibungen für den Rückzug aus dem russischen Gasunternehmen Novatek mit 4,1 Mrd. $ die Ergebnisse.

Den Aktionären will der Vorstand eine überraschend hohe Schlussdividende von 0,74 (0,66) € zahlen, sodass die reguläre Ausschüttung auf 2,81 (2,64) € steigt. Diese wird zu der bereits angekündigten Sonderdividende von 1,00 € ausgeschüttet. TotalEnergies kündigte ferner für das laufende 1. Quartal einen Aktienrückkauf im Volumen von 2 Mrd. $ an (Q1-Ergebnisse: 27. April).

TotalEnergies fördert weiterhin das Depot; (B+).

  • BP hat im vergangenen Jahr dank der stark gestiegenen Preise für Gas und Öl operativ mehr verdient. Der Umsatz legte 2022 um etwas mehr als die Hälfte auf 241 Mrd. $ zu. Das bereinigte Ebitda sprang auf 60,75 Mrd. $ an, nach 37,32 Mrd. $ im Vorjahr. Da die Briten den Wert der Beteiligung am russischen Ölkonzern Rosneft abschreiben musste, rutschte der Konzern unter dem Strich allerdings in die roten Zahlen. Unterm Strich rutschte der Ölkonzern mit –2,5 Mrd. $ hingegen in die roten Zahlen. Im Vorjahr stand hier noch ein Gewinn von 7,6 Mrd. $ in den Büchern. Der Verlust geht auf die Abschreibung unter anderem auf Beteiligungen von etwas mehr als 30 Mrd. $ zurück, wovon rund 24 Mrd. $ auf die Beteiligung am russischen Ölkonzern Rosneft entfallen.

Der Konzern will dennoch die Dividende auf 24,08 (21,63) $ je Aktie erhöhen und kündigte zusätzlich den Rückkauf weiterer Aktien für 2,75 Mrd. $ an. Zudem will der Konzern die Investitionen sowohl in CO2-arme Energie als auch in fossile Brennstoffe deutlich ausweiten. In beide Bereiche sollen bis 2030 bis zu 8 Mrd. $ mehr investiert
werden.

BP baut weiterhin sein Produktportfolio aus und stellt sich damit breiter auf. Damit ist der Wert eine mehr als gute Halteposition; (B+).