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Aktuelles aus dem Medizin-Sektor

Die Medizin- und Pharmabranche boomte in der Coronapandemie – vor allem Biotech-Unternehmen konnten glänzen. Mit einem Rückgang des COVID-19-Geschäfts trat auch bei den meisten Unternehmen eine Normalisierung ein. Doch der eine oder andere Konzern konnte in den vergangenen 9 Monaten dennoch sein Wachstum fortsetzen.

 

Deutschlands größter Klinikbetreiber  Fresenius hat im 3. Quartal von höheren Patientenzahlen und dem eingeläuteten Umbau profitiert. Im vergangenen Quartal bis Ende September stieg der Umsatz konzernweit um 2 % auf knapp 5,52 Mrd. €. Das bereinigte Betriebsergebnis fiel mit einem Plus von 8 % auf 519 Mio. € ebenfalls höher aus. Unter dem Strich rutschte Fresenius wegen eines Bewertungseffektes durch bestimmte Rechnungslegungsvorschriften allerdings mit –406 Mio. € in die Verlustzone. Vor einem Jahr hatte hier noch ein Gewinn von 321 Mio. € in der Bilanz gestanden.

Für den weiteren Jahresverlauf gibt sich der Klinikbetreiber jedoch positiv gestimmt. Das um Wechselkurs- und Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen (bereinigtes Ebit) soll nun 2023 in etwa stabil bleiben. Zuvor hatte der Konzern im schlimmsten Fall auch einen Rückgang im mittleren einstelligen Prozentbereich nicht ausgeschlossen.

Bei Fresenius scheint der Umbau erste Früchte zu tragen. Hier setzt man spekulativ auf den Turnaround; (A–).

Der US-Pharmariese Pfizer ist im vergangenen Quartal bis Ende September wegen der weggebrochenen Nachfrage nach COVID-Medikamenten in die roten Zahlen gerutscht. Insgesamt musste das Unternehmen gut 5,6 Mrd. $ auf seine Lagerbestände abschreiben. Der Umsatz fiel konzernweit auf 13,23 (22,63) Mrd. $. Nach Steuern verbuchte pfizer mit –2,38 Mrd. $ einen Verlust. Im Vorjahr hatte hier noch ein gewinn von 8,61 Mrd. $ in der Bilanz gestanden.

Bereits Mitte Oktober hatte der Konzern seine Ziele für das Jahr gekappt. Das Management um Albert Bourla will nun mit Kostensenkungen gegensteuern. Bis Ende 2024 sollen daraus Einsparungen von netto mindestens 3,5 Mrd. $ erzielt werden.

Bei Pfizer lässt die Gegenbewegung weiter auf sich warten. Hier bleiben Anleger vorerst nur auf dem Beobachtungsposten; (B). 

Ein florierendes Geschäft mit Medikamenten gegen Diabetes und Fettleibigkeit hat dem Pharmahersteller Novo Nordisk im 3. Quartal deutlich mehr Gewinn beschert. Der Umsatz legte wechselkursbereinigt um 38 % auf 58,7 Mrd. DKK zu. Unter dem Strich nahm der Überschuss im Jahresvergleich um 56 % auf 22,5 Mrd. DKK zu. Entsprechend optimistisch zeigen sich die Dänen für den weiteren Jahresverlauf. Die Erlöse sollen um 32 bis 38 % zulegen, zuvor hatte der Konzern ein Wachstum von 27 bis 33 % angepeilt. Beim operativen Gewinn (Ebit) rechnet der Konzern mit einem Plus von 40 bis 46 (zuvor: 31–37) %.

Novo Nordisk ist nicht zu stoppen. Daher gibt man den Wert keinesfalls aus der Hand; (B+).

Abschreibungen auf eine Blockbuster-Hoffnung lassen den Biotechkonzern Amgen etwas vorsichtiger auf den weiteren Jahresverlauf blicken. Den Umsatz konnten die Amerikaner im Berichtszeitraum zwar leicht um 4 % auf 6,90 Mrd. $ steigern. Nach Steuern fiel das Ergebnis jedoch auf 1,73 (2,14) Mrd. $ zurück. Grund war eine Abschreibung in Höhe von 650 Mio. $ auf das Phase-1-Medikament AMG 340 zur Behandlung von Prostatakrebs. Der Konzern will dessen Entwicklung stoppen. Vor diesem Hintergrund reduziert das Unternehmen seine Prognose für 2023 und visiert nunmehr einen Gewinn je Aktie zwischen 11,23 und 12,73 $ an. Bisher hatte sich die Konzernführung 14,30 bis 15,41 $ je Aktie vorgenommen. Nach der milliardenschweren Übernahme des irischen Arzneimittelherstellers Horizon Therapeutics erhöhte Amgen hingegen seine Umsatzprognose. Hier traut sich das Management im laufenden Jahr nun 28,0 bis 28,4 Mrd. $ zu. Erst im August hatte Amgen die Prognose auf 26,6 bis 27,4 Mrd. $ erhöht.

Amgen ist und bleibt langfristig eine durchaus gute Halteposition; (B+). 

U.a. aufgrund einer hohen Nachfrage nach Beatmungsgeräten aus China und verbesserte Lieferketten, hat der Medizintechnikkonzern Drägerwerk in den ersten 9 Monaten seinen Umsatz auf 2,32 (2,03) Mrd. € verbessern können. Das Ebit schaffte es mit 76,9 Mio. € sogar wieder in den positiven Bereich, nachdem hier im Vorjahr ein Verlust von –148,3 Mio. € angefallen war. Auch netto haben es die Lübecker mit 47,1 Mio. € in die Gewinnzone geschafft, nach –112,7 Mio. € im Vergleichszeitraum. „Dank der positiven Geschäftsentwicklung im 3. Quartal sind unsere Erwartungen für das Gesamtjahr inzwischen optimistischer als bisher: Beim Umsatzwachstum dürften wir voraussichtlich das obere Ende der Prognose erreichen, zudem rechnen wir mit einer höheren Ebit-Marge“, so Vorstandsvorsitzender Stefan Dräger. Für den Umsatz erwartet Dräger einen währungsbereinigten Anstieg von 7,0 bis 11,0 %. Die Prognose für die Ebit-Marge wurde von 0,0 bis 3,0 % auf 2,0 bis 4,0 % angehoben.

Die Drägerwerk Vz. lässt man in aller Ruhe weiterlaufen; (B+).

Der Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) hat seinen guten Lauf mit einem weiteren überraschend starken Quartal fortgesetzt. Im 3. Quartal erhöhte sich der Umsatz auf 8,15 (7,83) Mrd. £. Operativ erzielte der Pharmagigant ein Ergebnis von 1,95 (1,19) Mrd. £. Nach Steuern stand derweil ein Gewinn aus fortgeführten Geschäften von 1,46 Mrd. £ in der Bilanz, nach 759 Mio. £ im Vorjahr. Konzernchefin Emma Walmsley setzt nun die Messlatte für das Jahr ein zweites Mal höher. Vor allem der Verkauf der noch jungen Impfung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) lief weitaus besser als erwartet. GSK rechnet deshalb nun für das Gesamtjahr mit einem Umsatzanstieg um 12 bis 13 %. Zuletzt hatte der Konzern im Juli die Ziele angehoben und mit einem Plus von 8 bis 10 % gerechnet.

GlaxoSmithKline kann charttechnisch derzeit nicht überzeugen. Abwarten! (B). 

U.a. dank seines Diabetes-Blockbusters Mounjaro blieb der Pharmakonzern Eli Lilly seinem Wachstumskurs auch in den 3 Quartalen bis Ende September treu. Dagegen schlugen allerdings hohe Belastungen im Zusammenhang mit den jüngsten Übernahmen auf das Konzernergebnis durch. Insgesamt konnte das Unternehmen seinen Umsatz im Berichtszeitraum um gut 37 % auf 9,7 Mrd. $ verbessern. Allein Mounjaro, das noch nicht lange auf dem Markt ist, steuerte 1,4 Mrd. $ bei. Eli Lilly hofft hier auf eine baldige Zulassung für Mounjaro auch als Appetitzügler. Das Medikament gilt schon jetzt als wichtiges Konkurrenzprodukt zum Kassenschlager Wegovy von Novo Nordisk. Unter dem Strich brach der Gewinn des US-Herstellers indes auf knapp 95 Mio. $ ein, nachdemim Vorjahr 1,8 Mrd. $ Überschuss angefallen waren. Dies lag vor allem an den Übernahmen des Biotech-Unternehmen Dice und des Herzspezialisten Versanis. Die Bewertung ihrer Forschungsportfolien führte zu einem negativen Effekt von fast 3 Mrd. $ im vergangenen Quartal

Auf Jahressicht rechnet der Konzern daher „nur noch“ mit einem bereinigten Gewinn je Aktie von 6,50 bis 6,70 $. Zuvor waren 9,70 bis 9,90 $ angepeilt worden.

Bei Eli Lilly dürften die Übernahmekosten nur eine kurze „Delle“ hervorrufen. Der Restbestand zeigt sich nach wie vor Kerngesund, daher bleibt man hier definitiv investiert; (B+).

In den ersten 9 Monaten erzielte Biotest Erlöse von satten 500,3 (360,8) Mio. € und damit einen Rekordwert. Dieses Wachstum ist hauptsächlich auf Umsätze aus Technologieoffenlegungs- und Entwicklungsdienstleistungen mit Grifols in Spanien zurückzuführen, die sich im Rahmen der Technologietransfer- und Lizenzvereinbarung auf 135,4 Mio. € belaufen. Das Betriebsergebnis lag mit 125,4 Mio. € zudem wieder im positiven Bereich, nachdem hier im Vorjahr ein Verlust von –19,0 Mio. € angefallen war. Auch nach Steuern erzielte Biotest mit 88,4 Mio. € wieder einen Gewinn, nach –34,2 Mio. € im Vergleichszeitraum.

Der Vorstand strebt für das Geschäftsjahr 2023 ohne Berücksichtigung der Umsätze aus der Technologietransfer- und Lizenzvereinbarung weiterhin an, die Umsätze gegenüber 2022 im mittleren einstelligen Prozentbereich zu erhöhen.

Biotest lässt man angesichts der guten Entwicklung erst einmal weiterlaufen; (B+). 

Übernahme und Integrationskosten haben das Ergebnis des Orthopädie-Spezialisten Stryker im 3. Quartal etwas gebremst. Die Umsätze konnten dennoch auf 4,91 (4,48) Mrd. $ gesteigert werden. Und auch das opertaive Ergebnis lag mit 931 (808) Mio. $ über dem Vorjahresniveau. „Wir haben ein weiteres Quartal mit starkem organischem Umsatzwachstum und kontinuierlicher Margensteigerung geliefert“, so CEO Kevin A. Lobo. „Die positive Dynamik in unserem Geschäft bleibt intakt, einschließlich eines starken Verfahrensumfelds und unseres Superzyklus der Innovation.“ Nach Steuern drückten jedoch die genannten Belastungen auf den Gewinn und drückten diesen auf 692 (816) Mio. $. Für das Gesamtjahr geht das Unternehmen nunmehr von einem Umsatzwachstum von 10,0 bis 10,5 % aus (Vorjahr: 18,4 Mrd. $).

An Stryker führt in der Orthopädie-Branche kein Weg vorbei. Der Wert gibt derzeit wieder erste Kaufimpulse. Mit einem akt. Kurs von über 250 $ ist das Papier jedoch nicht mehr ganz günstig; (A–).

Haleon hat mit einer schwachen Nachfrage nach seinen Schmerzmitteln und Vitaminpräparaten in Nordamerika zu kämpfen. Der Umsatz sei dank Preiserhöhungen zwar um fünf % auf 2,79 Mrd. £ gestiegen. Das Absatzvolumen sei konzernweit jedoch um 1,6 % geschrumpft, während es in Nordamerika sogar um ganze 7,5 % zurückging. Weitere Ergebniskennzahlen gab der Konzern indes nicht bekannt. Haleon ist 2022 aus dem Zusammenschluss der Sparten rezeptfreier Medikamente von GlaxoSmithKline und Pfizer entstanden und ist der weltweit größte Consumer-Healthcare-Konzern. Zu seinen Produkten zählen etwa die Zahncreme Sensodyne oder das Schmerzmittel Advil.

Charttechnisch kann sich Haleon trotz schwierigen Marktbedingungen durchaus gut halten; (B+). 

Angesichts der schwachen Nachfrage nach seinem COVID-19-Impfstoff nimmt der US-Biotechkonzern Moderna seine Umsatzprognose für diesen Bereich zurück. Im 3. Quartal fuhr das Unternehmen einen Umsatz von 1,8 (3,4) Mrd. $ ein. Unter dem Strich stand wegen hoher Aufwendungen vor allem im Zusammenhang mit einer Anpassung der Produktionskapazitäten an die gesunkene Nachfrage ein Verlust von –3,6 Mrd. $ zu Buche. Im Vorjahr hatte hier noch ein gewinn von gut 1 Mrd. $ gestanden. Für 2023 rechnet Moderna nun mit einem Umsatz von mehr als 6 Mrd. $ statt der bislang anvisierten 6–8 Mrd. $. „Wir glauben, dass 2024 die Talsohle erreicht ist“, so Finanzchef Jamey Mock. „Wir werden 2025 zwei oder drei neue Produkte auf den Markt bringen, den RSV-Impfstoff 2024, und danach werden wir weiter wachsen.“ 2026 wolle Moderna dann die Gewinnschwelle erreichen.

Moderna kann den Kursrutsch nach wie vor nicht abbremsen. Hier bleibt der Verkaufhinweis bestehen; (B–).

 

Das Impfstoffhersteller BioNTech hat seine Prognose für Erlöse mit COVID-19-Impfstoff für das Gesamtjahr 2023 reduziert. Im 3. Quartal belief sich der Umsatz auf 190,4 Mio. €, nach 3,26 Mrd. € im Vorjahr. Unter dem Strich sackte der Gewinn ebenfalls deutlich von 1,78 Mrd. € im Q3/2022 auf nunmehr 160,6 Mio. € ab. Entsprechend passten die Mainzer ihren Ausblick für ihre Impfstoff-Erlöse nach unten an: Das Unternehmen erwartet nun noch Umsätze in Höhe von rund 4 Mrd. € Zuvor war BioNTech von etwa 5 Mrd. € ausgegangen.

Langfristig bleibt BioNTech zwar auf der Watchlist, allerdings wartet man hier erste Erholungsimpulse ab; (B+).