ES: In welche Geschäftsbereiche gliedert sich Frequentis und wie tragen diese zum Gesamterfolg bei?
Herr Haslacher: Wir sind Weltmarktführer bei High-Tech-Systemen für die Flugsicherung: zivile und militärische Flugsicherungen (Segment Air Traffic Management) sowie Polizei, Rettung, Feuerwehr, Bahn und Schifffahrt (Segment Public Safety & Transport) setzen auf unser umfangreiches Portfolio. Das größere Segment ist Air Traffic Management, welches im Jahr 2024 für 70 % des Gruppen-Umsatzes verantwortlich war und eine Umsatzsteigerung von 15,3 % und eine Ebit-Marge von 5,3 % erzielte. Public Safety & Transport erzielte 30 % des Gruppen-Umsatzes – der Umsatz stieg um 6,1 % bei einer Ebit-Marge von 10,0 %. Für die Gesamtgruppe ergab sich damit ein Umsatzanstieg von 12,4 % auf 480,3 Mio. € bei einem Ebit von 32,1 Mio. €, bei einer Ebit-Marge von 6,7 (6,2) % .
ES: Wie stark profitiert Frequentis von den hohen Eintrittsbarrieren im sicherheitskritischen Markt, insbesondere gegenüber neuen Wettbewerbern?
Herr Haslacher: Grundsätzlich sind die Markteintrittsbarrieren für beide Segmenst sehr hoch. Dies ist bedingt durch die vielen Vorbedingungen in den Ausschreibungen: für Referenzen, für Mitarbeiter-Knowhow und für die Erfüllung von internationalen Standards. Frequentis ist nun 78 Jahre im Markt, mit entsprechend viel Erfahrung, Referenzen und Know-how in der Umsetzung von komplexen Projekten. Dies kann ein Start-up nur schwer aufholen.
ES: Frequentis ist vor allem für seine sicherheitskritischen Kommunikationssysteme bekannt. Worauf liegt aktuell Ihr strategischer Schwerpunkt?
Herr Haslacher: Unser Fokus liegt neben dem Bestandsgeschäft auf 5G-basierter sicherheitskritischer Kommunikation, dem Drohnen-Management, KI-Assistenzsystemen und Systemen für die zukünftige Kommunikations- und Flughafen-Tower-Infrastruktur. Des Weiteren erwarten wir durch die geänderte geopolitische Lage für die nächsten Jahre steigende Investitionen in die militärische Sicherheit, also die Flugsicherung und Luftverteidigung. Einen unmittelbaren Sprung bei Auftragseingang und Umsatz im Bereich Defence erwarten wir nicht, da Beschaffungsprozesse oft über mehrere Jahre laufen und zuerst in militärische Hardware-Komponenten (z.B. in Systeme für die Luftverteidigung) investiert wird, bevor diese über Software-Lösungen in Kontrollzentralen eingebunden werden.
ES: In welchen Regionen sind Sie bereits aktiv, und wo sehen Sie noch Potenzial für weiteres Wachstum?
Herr Haslacher: Unsere Produkte, Services und Lösungen sind in rund 150 Ländern im Einsatz. Wir sind also auf allen Kontinenten vertreten. Alle Regionen sind letztes Jahr gewachsen, am stärksten Amerika (Nord- und Südamerika). Daher sehen wir in allen Regionen Potenzial für weiteres Wachstum.
ES: Auf welche Technologien und Märkte wollen Sie mittelfristig besonders setzen?
Herr Haslacher: Die Transformation hin zu einem softwarezentrierten Geschäft ist im Gange, wird jedoch aufgrund der Kundenstruktur mehrere Jahre, in manchen Teilmärkten länger, in Anspruch nehmen. Auf diese Transformation werden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten ausgerichtet.
ES: Reichen Ihre aktuellen Finanzmittel für die geplanten Investitionen aus, oder sind Kapitalerhöhungen denkbar?
Herr Haslacher: Unsere bisherigen 10 Akquisitionen seit dem Börsengang im Mai 2019 haben wir alle mit eigenen Finanzmitteln bezahlt. Sollte einmal ein größeres Akquisitions-Objekt verfügbar sein, dann ist auch der Einsatz anderer Finanzinstrumente denkbar.
ES: Können Ihre Aktionäre mit einer stabilen oder wachsenden Dividende rechnen?
Herr Haslacher: Die erste Dividende, welche noch im Jahr des Börsengangs 2019 ausgeschüttet wurde, betrug 10 Cent pro Aktie, danach stieg, mit einer Ausnahme für das Corona-Jahr 2020, die Dividende stetig. Im Juni 2025 haben wir bereits eine Dividende von 27 Cent pro Aktie für das Geschäftsjahr 2024 ausgeschüttet. Wir sind jedoch kein klassischer Dividendentitel – unser Fokus liegt auf dem Wachstum und der Profitabilität der Gruppe.
ES: Welche Ziele haben Sie für das laufende Geschäftsjahr und den mittelfristigen Planungshorizont?
Herr Haslacher: Wir streben danach, abhängig von Inflation, der temporären Verschiebung von Aufträgen oder Umsatz, Zöllen, Handelshemmnissen sowie der volatilen geopolitischen Lage folgende Ziele im Jahr 2025 im Vergleich zum Jahr 2024 zu erreichen:
- Steigerung des Umsatzes um rund 10 %,
- Steigerung des Auftragsein- gangs,
- Ebit-Marge von rund 6,5% bis 7,0 %
Langfristig wollen wir die globale Nr. 1 bei Lösungen für Kontrollzentralen mit sicherheitskritischen Aufgaben werden. Als Systemintegrator, der die eigene Software und teilweise auch die eigene Hardware in die bestehenden Software- und Hardware-Umgebungen der Kunden einbindet, sehen wir die langfristige Profitabilität auf dem Niveau der etablierten IT-Systemintegratoren im Projektgeschäft.
ES: Sehr geehrte Herr Haslacher, vielen Dank für das Interview.