Der mögliche Finanzkollaps der USA ist laut Bundesfinanzminister Christian Lindner ein neues Risiko für die Weltwirtschaft. Zwar seien die konjunkturellen Perspektiven besser als im vergangenen Jahr gedacht. "Gleichwohl sind die Aussichten fragil", sagte der FDP-Chef im japanischen Niigata, wo die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen (G7) beraten.
Lindner ergänzte, er hoffe, dass in den USA eine "erwachsene Entscheidung" getroffen werde. Im Kongress wird derzeit erbittert über eine erneute Anhebung der Schuldenobergrenze gestritten, um eine staatliche Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Es müsse verantwortlich gehandelt werden, also nicht nach parteipolitischen oder kurzfristigen Interessen. Die Folgen müssten auch stets mitgedacht werden.
Laut US-Finanzministerin Janet Yellen ist nicht ganz klar, wann den USA genau das Geld ausgehe, um ihren Verpflichtungen an den Anleihemärkten nachzukommen. Sie werde den Kongress aber auf dem Laufenden halten, sagte sie Bloomberg TV. Anfang Juni könnte es soweit sein. Yellen will nächste Woche Investoren an der Wall Street treffen - vermutlich, um die Nervosität an den Märkten nicht zu groß werden zu lassen. In der Vergangenheit wurde stets kurzfristig die Schuldenobergrenze noch angehoben. Geschieht dies diesmal nicht, würde das Yellen zufolge katastrophale Folgen für die Weltwirtschaft und das Finanzsystem haben.
Lindner hatte Yellen in Japan zu einem vertraulichen Gespräch getroffen. Dabei sei es vor allem um die globale Steuerreform gegangen, deren Umsetzung in den USA auch umstritten ist und im Kongress zu scheitern droht. "Das stand im Zentrum unseres Austausches heute", so Lindner. Das US-Finanzministerium teilte mit, sich weiter zu der Reform zu bekennen, die unter anderem eine globale Mindeststeuer von 15 % für international tätige Unternehmen vorsieht. Es sei auch diskutiert worden, wie die Umgehung der Sanktionen gegen Russland am besten verhindert werden könne. Lindner sagte dazu, es sei auffällig, wie stark manche Exporte nach Russland zurückgegangen seien, Nachbarländer aber genutzt würden, um Waren dann nach Russland zu bringen. Das müsse ganz oben auf die politische Tagesordnung.
Die G7-Staaten wollen auch die weltweiten Lieferketten widerstandsfähiger machen. Viele Länder müssten ihre Abhängigkeiten reduzieren, Deutschland etwa von China, so Lindner. Hier kämen Schwellen- und Entwicklungsländer ins Spiel. Sofern sie stabile Rahmenbedingungen für ausländische Investoren böten, sollten sie stärker einbezogen werden - zum Vorteil beider Seiten.
Thema beim G7-Treffen war immer wieder auch China, obwohl die Volksrepublik nicht zu dem Kreis gehört. Vor allem Japan und Deutschland sind aber sehr stark auf den Handel mit China angewiesen und deswegen zurückhaltend. Die USA fordern dagegen einen schärferen Kurs. Sie sprechen von einer "wirtschaftlichen Nötigung" Chinas gegen viele andere Staaten.
Deutschland hatte am Donnerstag Diplomatenkreisen zufolge aber Vorbehalte gegen Pläne der EU-Kommission geäußert, chinesische Firmen auf eine neue EU-Sanktionsliste gegen Russland zu setzen. In einer ersten Diskussion unter Vertretern der 27 EU-Länder habe Deutschland zur Vorsicht geraten.