Der US-Senat hat mit dem „Genius Act“ (Guiding and Establishing National Innovation for U.S. Stablecoins Act) eine zentrale Vorlage zur Regulierung von Stablecoins verabschiedet. Hierbei soll der Name „Gesetz zur Steuerung und Etablierung nationaler Innovationen für US-Stablecoins“ Programm sein. Doch statt Sicherheit könnte das neue Finanzsystem der USA die nächste systemische Schieflage bringen.
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n einer richtungweisenden Abstimmung hat der US-Senat ein Gesetz zur Regulierung sogenannter Stablecoins verabschiedet. Der „Genius Act“ passierte den Senat mit einer überparteilichen Mehrheit von 68 zu 30 Stimmen. Nun muss das Repräsentantenhaus, in dem die Republikaner ebenfalls die Mehrheit haben, dem Entwurf zustimmen, bevor der selbst ernannte „Krypto-Präsident“ Donald Trump das Gesetz mit seiner Unterschrift in Kraft setzen kann. Grundsätzlich ist ein Stablecoin. Der ist eine spezielle Art von Kryptowährung gedacht, die darauf ausgelegt ist, einen stabilen Wert zu behalten – meist durch die Bindung an den US-Dollar oder andere stabile Vermögenswerte wie Staatsanleihen oder Gold.
So schreibt der „Genuis Act“ vor, dass z.B. an den US-Dollar gekoppelte Stablecoins zu 100 % gedeckt sein müssen. Das heißt, ein Anbieter von Stablecoins muss immer mindestens so viele liquide Vermögenswerte vorhalten, wie er Coins ausgibt. Allerdings ist die tatsächliche Transparenz dieser Reserven häufig unzureichend, besonders bei zentralisierten Stablecoins wie den sogenannten USDT oder USDC, wo die Kontrolle und Verwahrung der Vermögenswerte vollständig beim Emittenten liegen. Zwar gibt es teilweise unabhängige Prüfungen, doch die Unabhängigkeit und Regelmäßigkeit dieser Kontrollen werden immer wieder in Frage gestellt. Obwohl das Gesetz nun regeln soll, in welche Anlageklassen die Emittenten investieren dürfen, bleiben Zweifel bestehen, ob diese Vorgaben ausreichen, um Risiken wirklich zu minimieren. So sind beispielsweise US-Staatsanleihen mit kurzfristiger Laufzeit und Geldmarktfonds vorgesehen – Anlageformen, die zwar als sicherer gelten, aber keineswegs risikofrei sind.
Nach der Finanzkrise 2007 wurde außerdem massiv daran gearbeitet, die Konzentrationsrisiken im Bankenwesen zu reduzieren. Doch dieses Bestreben scheint nun wieder ausgehebelt zu werden. Die hinter den Stablecoins liegenden Reserven dürften überwiegend bei den systemrelevanten Großbanken der USA geparkt werden. Wenn Investoren ihr Geld in Stablecoins umwandeln, fließen die entsprechenden US-Dollar somit direkt auf die Geschäftskonten dieser Finanzriesen. Stablecoins fördern somit keineswegs die Dezentralisierung des Finanzsystems. Stattdessen verstärken sie bestehende Abhängigkeiten von den größten US-Banken, indem sie Kundengelder in Form von Reserven zentral bei diesen Instituten bündeln. So entsteht ein neues digitales Finanzinstrument, aber mit alten systemischen Risiken.
Auch Donald Trump positioniert sich als Befürworter der Branche: Im Wahlkampf inszenierte er sich als „Krypto-Präsident“, setzt auf regierungsfreundliche Aufsichtsbehörden und profitiert selbst in mehrfacher Hinsicht vom Boom der Kryptowährungen.
So verwundert es nicht, dass auch ein Unternehmen, an dem eine Tochterfirma der Trumps beteiligt ist, einen eigenen Stablecoin herausgibt (USD1) sowie verschiedene andere Kryptowährungen. Trumps Söhne sind in mehreren Blockchain-Firmen engagiert und damit wenig überraschend lautstarke Befürworter des sogenannten Dezentralen Finanzsystems (DeFi). Das ist eine Art alternatives Finanzsystem, das auf Kryptowährungen und Blockchains basiert und Finanztransaktionen an den streng regulierten Banken vorbei ermöglicht.
Die Demokraten werfen Trump deswegen „Kryptokorruption“ vor. Ende Mai brachten sie einen Gesetzentwurf ein, der den Besitz von Kryptowährungen von Präsidenten und Kongressabgeordneten stark einschränken würde. Doch der Partei fehlen die nötigen Mehrheiten, um die Initiative voranzutreiben. Zu den ersten Profiteuren des neuen Gesetzes zählt ganz klar Circle. Das Unternehmen machte Anfang Juni als erster Player seiner Branche den Sprung an die Börse – mit durchschlagendem Erfolg: Seit Handelsstart legte die Aktie bereits um über 80 % zu. Mit der zunehmenden Vermischung zwischen Kryptowelt und traditionellem Finanzsystem entsteht insgesamt eine Reihe von neuen Risiken. Kommt es plötzlich zu einem massiven Vertrauensverlust und wollen viele Nutzer gleichzeitig ihre Stablecoins in US-Dollar eintauschen, könnte es somit ernsthafte Folgen für den Finanzmarkt haben.
So verlockend sich die neue Krypto-Welt auch anhört, sind die Risiken kaum abschätzbar und können die weltweite Finanzstabilität bedrohen.