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Eindrücke vom EK-Forum

Spezial - Teil 1

Auch in diesem Jahr muss das Eigenkapitalforum aufgrund der Covid-19-Pandemie virtuell stattfinden. Damit büßt natürlich auch diese Großveranstaltung ihren eigentlichen Charme ein. Denn Sehen und Gesehenwerden, informelle Gespräche beim Essen oder auf den Wegen zwischen den Konferenzsälen lassen sich nicht im Internet simulieren. Dennoch bieten auch die Onlinevorträge eine gute Möglichkeit, um sich einen guten Überblick über die verschiedenen Unternehmen zu verschaffen.

Alzchem

Der Spezialchemie-Anbieter konnte die sehr gute Geschäftsentwicklung des ersten Halbjahres auch im Q3 nahezu nahtlos fortsetzen. Mit 311,2 Mio. Euro konnte ein neuer Rekordumsatz für einen Neunmonatszeitraum vermeldet werden, unter dem Strich liegt das Periodenergebnis bei 21,9 Mio. Euro was einem Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum von satten 40 Prozent entspricht. Die Eigenkapitalquote kletterte auf 21,3 (19,4 per Ende 2020) Prozent. Die Prognose für das Gesamtjahr mit einem Umsatz von bis zu 415 Mio. Euro bei einem EBITDA von bis zu 63 Mio. Euro wurde wie bereits im Neunmonatsbericht geschehen nochmals bekräftigt.

Neben dem realisierten Umsatzwachstum ist auch die weiter gesteigerte Marge bei Alzchem positiv zu vermerken. Perspektivisch sollte sich das Wachstum bei einem intakten Marktumfeld weiter fortsetzen lassen, dabei ist in der Tendenz mit einer sogar leicht überproportional steigenden Marge zu rechnen. Positiv für die Wahrnehmung am Kapitalmarkt ist nach Einschätzung des Verfassers die zuletzt erfolgte Erhöhung des Free Floats der Aktie zu bewerten, welcher nun 47,5 Prozent erreicht. Hierdurch verbessert sich die Handelsliquidität in der Aktie deutlich und das Papier dürfte auch noch interessanter für institutionelle Investoren werden. Bei einem Erreichen der eigenen Guidance für 2021 und einer Fortsetzung des Wachstums in 2022 erscheint die Aktie mit 23,50 Euro noch eher moderat bewertet und sollte für den längerfristigen Investor durchaus einen Blick wert sein, zumal das Papier auch noch mit einer Dividendenrendite im Bereich von 4 Prozent lockt.


K+S AG

Nachdem K+S in den vergangenen Jahren stets auch mit Preisdruck bei den Kalipreisen zu kämpfen hatte, profitiert der Bergbaukonzern aktuell von der guten Lage bei den Kalipreisen und der robusten Nachfrage aus der Landwirtschaft. Nach mehreren Anpassungen der Prognose für das laufende Jahr rechnet K+S mit einem EBITDA für 2021 von rund 630 Mio. Euro. Dabei profitiert man natürlich vom zuletzt deutlich gestiegenen Kalipreis. Für 2021 wird zudem ein ausgeglichener Cashflow angestrebt.
Für das kommende Jahr ist nach Managementangabe ein EBITDA von einer Milliarde Euro erreichbar, was einem Anstieg gegenüber dem Wert von 2021 von weiteren 60 Prozent entspräche. Positiv zu bewerten auf der Ergebnisseite ist überdies, dass K+S sich noch vor dem deutlichen Preisanstieg rund zwei Drittel des erwarteten Gasverbrauchs der kommenden 3 Jahre vertraglich zu guten Konditionen gesichert hat. In der Schätzung für 2022 ist zudem – wie auch schon im Rahmen des Capital Markets Days vor zwei Wochen erläutert – noch nicht der erwartete Ergebnisbeitrag aus des Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Reks durch K+S und die Remondis-Tochter Remex enthalten. Aktuell befindet sich die Gründung dieses Joint Ventures noch in der Prüfung durch die Wettbewerbsbehörden. Auf Ebene des Cashflows soll ein deutlich positiver Mittelzufluss erreicht werden.
Bei einem anhaltenden Kalipreisniveau in der aktuellen Region könnte sich die Ertragslage nach Einschätzung des Verfassers auch über das Jahr 2022 auf diesen Niveaus stabilisieren und auch für weiter steigende Bewertungen der Aktie an der Börse sorgen. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass Preiszyklen im Kalimarkt länger anhalten dürften und die Aktie dann auch noch andere Bewertungen an der Börse zugebilligt bekommt.


Mobotix

Nachdem MOBOTIX im Geschäftsjahr 2019/2020 (30.09.) insbesondere im Bereich von Thermalkameras (im Bereich der Erkennung von COVID-19 Infektionen bei Zutrittslösungen usw.) noch erheblich vom durch die Pandemie gekennzeichneten Umfeld profitieren und mit diesen sehr margenattraktiven Produkten bis zu ein Drittel des Gesamtumsatzes erzielen konnte, hat sich dies im gerade beendeten Geschäftsjahr 2020/2021 nicht wiederholt. Zuletzt lag der Umsatzanteil mit diesen Kameras bei lediglich rund 17 Prozent, was sich entsprechend auch auf der Margenseite bemerkbar macht. Beim Deckungsbeitrag entspricht eine Thermalkamera drei normalen Kameras. Auch wenn man hier mit einem günstigeren Produkt, dann aber für industrielle Anwendungen im Markt, unterwegs ist, lässt sich die besondere Nachfrage aus dem Vorjahr so nicht wiederholen.
Mit der Entwicklung im abgelaufenen Jahr zeigte sich CFO Kiener im 1on1 auch nicht zufrieden und bezeichnete den Geschäftsverlauf als enttäuschend. Auch in Bezug auf die mittelfristige Planung bis zum Jahr 2023, die aus dem Jahr 2018 stammt, wird man sich in den kommenden Wochen sehr genau die Entwicklungen und die Planungen für das kommende Jahr ansehen und diese bei Bedarf entsprechend aktualisieren. Wachstum will man perspektivisch insbesondere auf dem US-Markt realisieren, dort ist die Vertriebsmannschaft von bisher 20 in diesem Jahr um weitere 15 Personen aufgestockt worden, weitere 5 Mitarbeiter sollen noch folgen, so dass sich der Vertrieb dort dann in etwa verdoppelt. Zuletzt lag der Umsatz in Nordamerika bei rund 15 Mio. USD. Mittelfristig wird pro neuem Mitarbeiter im Vertrieb mit einem Umsatzbeitrag von 600 bis 800 TEUR kalkuliert, dann tragen sich die dafür entstehenden Personalkosten auch entsprechend. Eine genaue Prognose für die mittelfristige Umsatzgrößenordnung in den USA wollte Kiener noch nicht geben, deutete aber an, dass sich die Umsatzerlöse bei doppelter Personalausstattung in eine ähnliche Dimension entwickeln müssten. Neben den USA sieht man gutes Potenzial auch weiterhin in der DACH-Region sowie in Asia Pacific, dort hatte man etwa in Australien usw. mit lockdownbedingten Einschränkungen und Erschwernissen zu kämpfen und die „ein oder andere Million beim Umsatz“ liegen gelassen.
Das Verhältnis zum Hauptaktionär KONICA MINOLTA (rd. 64 Prozent) ist angabegemäß gut, über diesen werden auch Umsatzerlöse generiert und es besteht eine Zusammenarbeit bei Entwicklungsprojekten. Ein Know-how- oder Technologietransfer findet dabei aber nicht statt. Planungen für Änderungen dieser Beteiligungsstruktur sind nach Vorstandsangabe derzeit nicht absehbar. Es wird in MOBOTIX in Form von Entwicklungszusammenarbeiten und dem Bezug von Produkten investiert. Aus Sicht des Verfassers wird es bis zu einem nachhaltigen Turnaround vermutlich noch eine gewisse Zeit dauern, so dass die Aktie derzeit eher etwas für die Beobachtungsliste darstellt.



3U HOLDING

Schwerpunkte der wechselseitig von Herrn Schmidt und Dr. Fleing gehaltenen flüssigen Präsentation bildeten erwartungsgemäß die strategisch wichtigsten Geschäftsfelder Onlinehandel (Selfio GmbH) und vor allem Cloud Computing (weclapp SE). Auf diesen liegt klar der Fokus, Erneuerbare Energien läuft sozusagen je nach Witterungsverhältnissen „mehr oder weniger erfolgreich“ mit. Auf Holding-Ebene werden im laufenden Jahr noch Erträge aus der InnoHubs-Vermarktung erwartet, die zur Erreichung der Ergebnisziele beitragen sollen.
Selfio leidet momentan unter den weltweiten Problemen auf Seiten der Rohstoffe und Lieferketten und damit verbundenen Preissteigerungen. Daher wird hier im laufenden Jahr ein Umsatzrückgang von 23,7 auf rd. 21 Mio. Euro erwartet. Per 9M/2021 lagen die Erlöse bei 15,9 (Vj. 16,8) Mio. Euro. Unabhängig von diesen temporären Belastungen bleibt man aber mittel-/langfristig für die weitere Entwicklung zuversichtlich gestimmt.
Weclapp soll dagegen in diesem und den kommenden Jahren weiterhin um rd. 50 Prozent p.a. organisch wachsen. Hinzu kommen noch zwei Akquisitionen: Erstens die zum 30.09.2021 erstkonsolidierte ITscope GmbH, durch die die weclapp-Plattform erweitert wird (Einzelheiten siehe Research GSC vom 23.08.2021). Mit der Erstkonsolidierung erhöhten sich die Firmenwerte in der 3U-Bilanz deutlich, allerdings resultierte dies teilweise auch aus Firmenwerten, die bereits zuvor in der ITscope aus einer früheren dortigen Akquisition enthalten waren. Zweitens das in Q4/2021 übernommene Start-up FinanzGeek GmbH. Eine Rolle spielte hier, dass die weclapp-Plattform inzwischen für kleinere Kunden schon zu umfangreich und auch zu teuer geworden ist, man diesen Kunden nun aber mit FinanzGeek eine adäquate Lösung bieten und sie so halten kann. Per 9M/2021 lag das Umsatzplus von weclapp bei 49 Prozent auf 7,6 (5,1) Mio. Euro, insgesamt werden für 2021 rd. 11 (7,3) Mio. Euro angepeilt.
3U sieht weclapp als Technologie- und Preisführer, letzteres ist wegen des erwarteten zunehmenden Wettbewerbs sehr wichtig. Das Ziel der weltweiten Marktführerschaft ist sicherlich ambitioniert, aber man verfolgt es konsequent. Dabei profitiert das Geschäftsmodell neben den Vorteilen einer hochmodernen Cloud-Lösung davon, dass aus den im Voraus fälligen Zahlungen für 12- und 24-Monatsverträge rund 90 Prozent wiederkehrende SaaS-Erlöse generiert werden können. Da ein Wechsel der ERP-Plattform für einen Kunden mit erheblichem Aufwand verbunden ist, kalkuliert man dabei mit Nutzungszeiten von 10 Jahren. Und die Anpassung der Plattform, die derzeit über 3.700 Kunden hat, auf weitere Länder im Rahmen der weiteren Internationalisierung ist mit relativ geringem Aufwand möglich. Aktuell findet eine Konsolidierung im Bereich der ERP 2.0-Systeme, die wegen zunehmender Veraltung durch ERP 3.0 verdrängt werden, statt. Hier bieten sich weclapp gute Gelegenheiten, ganze Kundenstämme zu kaufen und damit das Wachstum anorganisch zu forcieren. Zukünftig wird KI auch eine wesentliche Rolle spielen, auch hier ist man mit dem eigenen F&E-Bereich sehr gut aufgestellt. Zum angedachten IPO der weclapp SE wurden keine Aussagen getätigt.
Aus Zeitgründen entfiel der Q&A-Teil. Research-Update von GSC mit ausführlicher Erläuterung der ebenfalls im Vortrag behandelten 9M-Zahlen auf Konzern- und Segmentebene befindet sich aktuell in Arbeit.

elumeo 

Der Onlineschmuckhändler wächst weiterhin dynamisch, der zeitweilig durch Lockdowns getriebene Zuwachs hat auch nach den weitgehenden Öffnungen weiter angehalten. Für das laufende Jahr bekräftigte CEO Boyè die ausgegebenen Zielsetzungen mit einem Umsatzzuwachs im Bereich zwischen 15 und 25 Prozent. Das zu erwartende EBIT soll im Bereich der von den begleitenden Analysten geschätzten Bandbreite zwischen 2,8 und 3,6 Mio. Euro liegen. Eine Prognose für das Jahr 2022 ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, wie auf weitere Nachfrage im Nachgang zur Präsentation mitgeteilt worden ist, diese soll mit Vorlage der Zahlen fürs Geschäftsjahr 2021 bekanntgegeben werden.
Neben den bekannten Vertriebskanälen ist in diesem Jahr neu die Videoshopping-App „Joolie“ gestartet, welche von einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft von elumeo konzipiert wird. Hier soll eine Plattform für verschiedenste Lifestyleprodukte entstehen, die auf den verschiedensten Kanälen der App angeboten werden, dabei stellt elumeo die Technologie, der Content wird hier von den Partnern entsprechend geliefert. Mit dem bisherigen Start zeigt sich Boyè durchaus zufrieden, so konnten seit Juni bereits über 10.000 Kunden gewonnen werden. Ziel ist es, die Zahl der angebotenen Channels auf der App bis 2022 auf mindestens 100 zu erhöhen. Perspektivisch wird hier noch erhebliches Potenzial gesehen.
Bislang hat elumeo auf der Lieferkettenseite nur wenige Probleme und kann Verzögerungen, die etwa durch Lockdownmaßnahmen in China oder sonstigen Sourcingländern entstehen, noch gut ausgleichen. Aktuell ist man im Plan mit den Aktionen und der Ware, man hat aber sicherheitshalber einen Teil der geplanten Produktion fürs erste Quartal 2022 vorgezogen, um hier im Fall von verzögerten anderen Lieferungen Alternativen zu haben. Investoren, die affin für internetbasierte Geschäftsmodelle sind, können durchaus einmal einen Blick auf das Unternehmen werfen.


Friedrich Vorwerk Group 

Erstmals nach dem IPO im Frühjahr zu einem Ausgabepreis von 45,00 Euro hat die zu 36 Prozent im Besitz der MBB SE befindliche Friedrich Vorwerk auf dem EKF präsentiert. Das Unternehmen ist ein führender Anbieter im Bereich des Pipeline- und Anlagenbaus im Bereich der Gas-, Strom-, und Wasserstoffanwendungen. Zuletzt hat man sich mit der Übernahme der Firma GOTTFRIED PUHLMANN verstärkt, zum endgültigen Vollzug wird aber noch die Zustimmung der Kartellbehörden benötigt. Mit seiner strategischen Ausrichtung will Friedrich Vorwerk vom anhaltenden Investitionsbedarf in die deutsche Energieinfrastruktur profitieren.
Nach Vorstandseinschätzung stehen im Bereich der Gaspipelines bis 2030 Investitionen von rund 9 Mrd. Euro an, da die wegfallenden Kohle- und Kernkraftwerke durch Gaskraftwerke zur Grundlastabdeckung ersetzt werden und diese entsprechende Infrastruktur benötigen. Weitaus größer sind die zu erwartenden Investitionsvolumina bei dem Stromnetzen. Hier sind insbesondere die Anbindung von Erzeugern Erneuerbarer Energien sowie leistungsfähige Stromtrassen von Norden in Richtung Süddeutschland zu nennen. In den kommenden 15 Jahren bewegt sich der Investitionsbedarf ins deutsche Stromnetz bei rund 80 Mrd. Euro. Ein ähnliches Potenzial wird auch im Bereich der Wasserstofftechnologie und der entsprechenden Leitungen gesehen. Hier stützt sich der Vorstand auf die Pläne der EU und die Etablierung eines entsprechenden Leitungssystems. Daneben gibt es auch noch weitere interessante Themenfelder wie etwa Fernwärme usw.
Per Q3 lag der Auftragseingang mit 184 (Vj. 204) Mio. Euro etwas unter dem Vorjahreszeitraum, es wird aber mit weiteren Projekteingängen in den kommenden Monaten gerechnet. Zuletzt war eine gewisse Tendenz zu verschobenen Auftragsvergaben im Markt zu beobachten. Der Auftragsbestand kletterte auf 282 (268) Mio. Euro. Neben organischem Wachstum will Friedrich Vorwerk in der Zukunft auch weiter über Zukäufe wachsen. Mit Blick auf den aktuell bei rund 32 Euro gut 30 Prozent unter der Erstnotiz liegenden Aktienkurs erscheint hier ein genauerer Blick ratsam, angesichts des erheblichen Investitionsbedarfs im Bereich der Netzinfrastruktur sollte man hiervon profitieren können, was sich dann im Rechenwerk und auch in der Wahrnehmung an der Börse positiv bemerkbar machen sollte.